Aus der Tiefe

Es gibt Begegnungen, in denen etwas in uns aufwacht, bevor wir es verstehen können. Nicht weil jemand uns etwas gibt – sondern weil das, was in uns wahr ist, Raum bekommt.

Ich war nie auf der Suche nach „mehr“.
Es ging um stimmig.
Um den Ort in mir, an dem nichts mehr gespielt werden muss.

Lange war spürbar, wenn etwas nicht wahr war – bei anderen, aber auch in mir.
Doch es gab keine Sprache dafür.
Dieses Fühlen war früh da, deutlich und unverhandelbar – aber ohne Ausdruck.
Erst als der Körper nicht mehr mittragen konnte, wurde sichtbar, dass ein „Dagegen“ nicht länger möglich war.

Wahrheit war nie ein Konzept. Sie war die Schwelle – der Punkt, an dem etwas nicht mehr zurück in die alte Form konnte.

Mit der Wahrheit kehrte das Herz zurück.
Nicht als Weichheit, sondern als Hinwendung: nicht länger gegen mich.

Daraus entsteht etwas, das nicht gemacht werden kann:
eine innere Aufrichtung.
Nicht aus Stärke, sondern aus Nicht-Verlassenwerden.

Selbststand ist kein Üben, sondern Wiederankommen im Eigenen.
Ein inneres Ja, das nicht mehr verhandelbar ist.

Wenn Stand selbstverständlich geworden ist, beginnt das Außen sich neu zu ordnen. Nicht durch Tun, sondern weil alles, was nicht mehr zugehörig ist, von selbst abfällt.

Räume öffnen sich. Wahrheit zieht Klarheit an.
Und das Leben entspricht dem Inneren, statt es zu formen.

Ich wirke nicht. Ich bin in Wirkung.

Sichtbarkeit geschieht nicht durch Zeigen, sondern durch Stimmigkeit:
das Innere beginnt im Außen Gestalt zu nehmen.

Es braucht kein Suchen mehr, wenn das Eigene wieder erreichbar ist.
Von hier aus verändert sich Begegnung – nicht weil etwas erklärt wird, sondern weil Gegenwart lesbar wird.

Was wahr ist, findet immer den Weg.

Wo ein Blick aus der Tiefe fällt, wird sichtbar, was schon da ist.